Im Oktober 2017 reisten wir, 14 Schülerinnen und ein Schüler, nach Russland. Begleitet wurden wir von Frau Oschilewski und Herrn Janus.

Der Russland-Austausch des KDG, mit der „Schule Nr. 23“ in Pskow, findet seit 1990 unter der Ägide von Frau Oschilewski statt.

Unsere Reise begann am 10.10.2017 um 7:00 Uhr am Bahnhof Wesel, von wo es schie­nengebunden zum Flughafen Düsseldorf ging. Der Flug nach St. Petersburg dauerte drei Stunden. Dort gab es an der Passkontrolle einen kleinen Aufreger, als eine von uns für etwa 1 Stunde ihren Ausweis nicht fand (letztlich war er in der Kameratasche) und wo des­halb das ganze Flugzeug noch einmal abgesucht werden musste (in dem sich dann kurio­serweise der Ausweis eines Dritten fand). Im Anschluss jedenfalls kassierte Frau Oschi­lewski alles, was irgendwie wichtig aussah, bis zur Rückkehr auf den Boden der EU ein.

Vom Flughafen St. Petersburg mussten wir vier Stunden mit dem Bus fahren. Netterweise haben uns zwei der russischen Lehrerinnen, Oksana und Nina, abgeholt und auf der Fahrt begleitet. Die 300 Kilometer bis nach Pskov fuhren wir über eine fast schnurgerade, zweispurige Landstraße durch „endlose“ Wälder. Gegen 21:30 kamen wir endlich an der Schule an, wo wir dann von unseren Austauschschülern und deren Familien begrüßt wurden.

Die Schule beginnt in Russland erst um 9:00 Uhr. Am ersten Tag wurden wir durch die Schule 23 geführt. Die Schule sieht anders aus, als die unsrige: Sie hat mehr Stockwerke, in den Klassenräumen hängen Gardinen, die Sporthalle ist nur ein Drittel so groß, wie die bei uns, und es gibt auch keine Umkleidekabinen. Die Jacken gaben wir am Eingang in ei­ner Garderobe ab, was praktisch war. Daneben wird auch viel für die Sicherheit getan: Am Eingang gibt es eine elektronische Kontrolle, und zusätzlich zu Türen waren alle Räume durch Metallgitter gesichert, weil wohl öfters teure Elektronik-Ausrüstung gestohlen wurde.

Im Eingangsbereich sind auch überall große Plakate aufgehängt, die die wunderbare Freundschaft zwischen der Schule 23 und ihrer wunderbaren Partnerin in Deutschland preisen, garniert mit blau-weißen Friedenstauben, die es wohl in den 1980ern in der BRD auch gelegentlich zu sehen gab.

Die Schule ist auch größer, als unsere: Dort werden die Klassen 1 bis 11 unterrichtet. Weil es zu wenige Klassenräume gibt, haben drei Jahrgangsstufen, die zweite bis vierte, erst nachmittags ab 14:10 Uhr (bis 18:20 Uhr!!) Unterricht. Unsere Partnerschüler aber waren in den Jahrgangsstufen, die quasi „normal“ vormittags, von 9:00 bis 14:50 Uhr, unterrichtet wurden. Daneben gibt es, anders als bei uns, einen „Dress-Code“; es gibt zwar keine einheitliche Schuluniform, aber man soll „ordentlich“ gekleidet sein, also zum Beispiel keine Hosen mit Löchern tragen (interessant wäre es zu schauen, wie kurz die T-Shirts und Röcke im Sommer sein dürfen).

Bei dieser Gelegenheit erzählte uns die Direktorin auch davon, dass die Eltern online jederzeit die Noten ihrer Kinder einsehen könnten. Außerdem wunderten wir uns über einige Fächer, die wir am KDG nicht haben, insbesondere Survival-Unterricht.

Später aßen wir gemeinsam in der Mensa, die nicht ganz so bunt ist, wie unsere: Es gab ganz typische russische Speisen, insbesondere Kohl in jeder Variation, als Suppe, als Beilage des Hauptgerichts und auch als Kuchenfüllung im Nachtisch.

Abends gingen wir am ersten Tag mit den russischen Schülern zusammen Bowlen und Billard-Spielen.

Am kommenden Tag gab es nach ein paar Stunden Unterricht eine Stadtrundfahrt. Pskow ist eine sehr alte Stadt, eine der ältesten Russlands, und wurde das erste Mal 903 (also nach Christus) urkundlich erwähnt. Pskow liegt in der Nähe der estnischen Grenze an einem Fluss, der „Welika“ (der „große Fluss“) heißt, hat einen eigenen Kreml und viele orthodoxe Kirchen, von denen wir einige (alle Frauen und Mädchen mussten Tücher aufsetzen) besichtigten. Es gibt auch viele Denkmäler, die an den Zweiten Weltkrieg erinnern, und große Lenin-Statuen und ein Lenin-Gedenk-Haus, denn er hatte dort im Jahr 1900 ein paar Monate gewohnt (und in der Zeit sogar an Nachhilfe-Unterricht in Deutsch teilgenommen). Außerdem ist be­merkenswert, dass in Pskow die russische Zarenherrschaft nach vielen Jahrhunderten en­dete, als im Ersten Weltkrieg, im Februar 1917, der letzte Zar, Nikolaus II, in Pskow sei­ne Abdankungsurkunde unterschrieb. Die deutsche Partnerstadt von Pskow ist Neuss, und im Anschluss an die Führungen in der Innenstadt besuchten wir eine Einrichtung für behinderte Kinder und Jugendliche, die wesentlich von Neuss aus unterstützt wird – und heute als eine Vorzeigeeinrichtung für ganz Russland häufig auch innerrussischen Besuch erhält.

Den Abend dieses Tages verbrachten wieder alle zusammen; diesmal luden uns die russischen Schüler und Lehrer in ein funkelnagelneues Fun-Bad mit beeindruckenden Rutschen und einem glatten halben Dutzend verschiedener Saunen ein.

Am dritten Tag machten wir, nach ein paar Stunden Unterricht, einen Ausflug in die Umgebung, in ein sehr berühmtes russisch-orthodoxes Kloster, Petschory (Kopftücher, natürlich), und zu einer wichtigen (ehemaligen) Grenzfestung nach Westen hin, Isborsk (die „Eiserne Festung“), und zu berühmten magischen Wasserquellen (insgesamt ein Dutzend, und bei jeder kann man, wenn man aus ihr trinkt, in einem Lebensbereich (Liebe, Beruf, Vermögen, Gesundheit etc.) etwas für sein Karma tun. Dieser Tag war auch vom Wetter her ganz schön: Wir hatten Sonnenschein und gingen durch wunderschöne Herbstwälder, während es sonst meistens bedeckt und gelegentlich auch regnerisch war (bei so etwa 8 – 10 Grad). Nach dem Mittagessen (auf dem Ausflug) erhielten wir im dörflichen Restaurant noch eine Einführung in russische ländliche Kleidungsstile, Tänze und Hochzeitsbräuche (wer weiß, wozu das einmal noch gut sein wird).

Der kommende Tag war ein Samstag, den jeder in seiner Gastfamilie verbrachte, wobei viele von uns dann doch gemeinsam etwas unternahmen, nämlich den Besuch einer Trampolin-/Kletterhalle.

Am Sonntag gab es den nächsten Ausflug in die Umgebung. Diesmal fuhren wir in ein Freilichtmuseum, wo die Kultur eines ganz kleinen baltischen Volkes, den Seto, am Leben gehalten wird. Es gibt nur 5.000 Menschen (die meisten leben in Estland), die Seto sprechen, eine Sprache, die mit dem Finnischen und Estnischen verwandt ist und die nur mündlich existiert. Wir besichtigten einen alten Seto-Bauernhof, wo uns zwei alte Seto-Frauen herumführten und im Anschluss ein typisches Seto-Mittagessen frisch zubereiteten – diesmal gab es keinen Kohl, sondern eine Art Käsesuppe.

Am Montag, dem letzten Tag in Pskow, hatten wir noch einmal viele Stunden Unterricht: Wir mussten uns insbesondere in Erdkunde engagieren, wo es um Umweltschutz, Recycling, Energiesparen in Russland (die haben da noch einiges aufzuholen, in vielen russischen Wohnungen kann man im Jahr 2017 NICHT individuell die Heizung regulieren, sondern, wenn einem die Zentralheizung zu warm ist, macht man die Fenster auf!) und Deutschland ging.

Nachmittags und abends war dann die Verabschiedung in der Aula und in der Mensa. Die russische Schule legte sich mächtig in´s Zeug, und es wurden uns jede Menge Tanz- und Gesangsgruppen präsentiert, und im Anschluss gab es eine Art „Festbankett“ in der Mensa.

Am 17.10. ging es dann in aller Frühe mit den 3 russischen Lehrerinnen, aber ohne Schüler (also, ohne russische), mit dem Bus nach St. Petersburg. Wir hatten wieder gutes Wetter, allerdings war es schon winterlich kalt. Noch bevor wir zum Hotel (direkt in der Innenstadt) kamen, besichtigten wir den berühmten Katharinenpalast, der 15 Kilometer außerhalb liegt. Er ist riesig und toll restauriert (er hat im Zweiten Weltkrieg sehr gelitten) und sowohl von außen wie von innen extrem beeindruckend prachtvoll. Nach dem Einchecken im Hotel ging es direkt zur Peter-und-Paul-Festung, wo wir, obwohl wir uns beeilten und die sehr tief gelegene U-Bahn nahmen, leider unseren deutschsprachigen Führer verpassten. Kurz entschlossen geleitete uns dann aber die Deutsch-Lehrerin Oksana durch die große Anlage, wo sie uns insbesondere den Gefängnistrakt, wo über die Jahrhunderte viele berühmte politische Gefangene unter elenden Bedingungen inhaftiert waren, und die Festungskathedrale, wo die Gräber vieler Angehöriger der Zarenfamilien sind, zeigte und erklärte.

Am zweiten Tag in St. Petersburg besuchten wir den berühmten Winterpalast im Stadtzentrum. Diesmal hatten wir eine offizielle Führung (in gebrochenem Deutsch). Der Winterpalast ist heute ein riesiges Museum für so ziemlich alles Antike: Kleider, Gemälde, Geschirr, Möbel, sogar Pharaonen­sarkophage und Mumien. Während der zweistündigen Führung erhielten wir nur einen ganz oberflächlichen Eindruck, aber immerhin. Nachmittags hatten wir als Schüler dann endlich einmal drei Stunden „bedingte Freizeit“: Herr Janus (und zwei der russischen Lehrerinnen) fuhren mit uns im Bus in ein riesiges Einkaufszentrum (bestimmt fünfmal so groß wie das Centro-Oberhausen), das selbständig zu verlassen uns aber strikt verboten wurde.

Im Anschluss gab es wieder Kultur: Wir nahmen abends an der Show „Die Schrecken von St. Petersburg“ teil, wo Darsteller uns (auf Englisch) in besonders wichtige historische Episoden der Stadtgeschichte mitnahmen. Darnach gingen wir zum Hotel, aber Frau Oschilewski und Herr Janus boten noch eine „Mitternachtswanderung“ an: Um 0:00 Uhr konnte man (in bitterer Kälte), freiwillig, mit ihnen an den sehr breiten Fluss Newa wandern. Die Brücken dort sind so niedrig, dass Schiffe nicht unter ihnen hindurchkommen. Nachts werden aber dann für 4 Stunden alle Newa-Brücken angehoben, wodurch in der Zeit Ostsee-Schiffe in die städtischen Häfen gelangen (oder herausfahren) können, während in der Zeit der gesamte Autoverkehr über die Newa hinweg blockiert ist – es geht dann nur noch zu Fuß mit Hilfe der U-Bahn von einem Stadtteil in den anderen. Jedenfalls sind die Brücken auch schön illuminiert, und wir waren beileibe nicht die einzigen Touristen: Wir standen an der Winterpalast-Newa-Brücke, zusammen mit Hunderten anderen. Um 02:00 Uhr waren wir dann (es waren übrigens alle mitgewandert) wieder im Hotel für eine kurze Nacht, denn wir trafen uns für die Abfahrt zum Flughafen um 5:30 Uhr, und um 10:00 Uhr waren wir in Düsseldorf, so dass schon mittags jeder wieder zu Hause bei seiner leiblichen Familie (die russischen sind uns auch an´s Herz gewachsen) war.

Der Austausch war wirklich sehr schön. Wir haben viel gesehen, da wir (besonders in St. Petersburg) auch meist gelaufen sind. Gewöhnungsbedürftig waren allerdings, ich bin da einmal ganz offen, das Essen – und natürlich diese Schrift.

Ich hoffe, dass es den Russen hier genauso gut gefallen wird.

Autoren: Selin Özel & Herr Janus